Angstgegner Hose

Angstgegner Hose

14. September 2016 9 Von FrauSonnenburg
Heute ist ein trauriger Tag beim Me-Made-Mittwoch: Monika von  wollixundstoffix, verlässt das Team der Organisatorinnen. Wie schade! Bei der Gelegenheit frage ich mich, was genau die Aufgaben der Organisatorinnen sind – vielleicht kann eine einmal aus dem Nähkästchen plaudern? Mich würde das sehr interessieren.
Für mich ist der Mittwoch immer ein großes Highlight. Inzwischen
nähe ich schon seit über drei Jahren. Kleider, Röcke, Shirts stellen
mich inzwischen (und besonders, seit ich meine Ovi besitze) kaum noch
vor Probleme.Auch wegen der vielen Tipps, die man beim Lesen der Blogbeiträge oder aus den Kommentaren zum eigenen Post mitnehmen kann. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken!
Ein Angstgegner (neben Knopflöchern) für mich sind nach wie vor Hosen. Ganze
vier habe ich in drei Jahren genäht. Ich trage sie alle, denn sie
haben mir viel Mühe
gemacht und kneifen auch nirgends, aber richtig zufrieden bin ich
eigentlich nur mit meiner Tweedhose.
Zum
einen wegen der Passform – schon Hosen kaufen ist für mich ein Horror,
selten passt eine wie sie soll. Bei Hosenschnitten muss ich daher immer
anpassen, und das
ist mit viel Arbeit verbunden, besonders, wenn man niemanden greifbar
hat zum Abstecken. (und man immer noch nicht weiß, wie man vorgenommene Änderungen auf den Schnitt überträgt)
Zum
anderen haben viele Hosen mindestens ein Knopfloch UND einen
Reißverschluss. Letzteren dazu noch mit Untertritt und allem Drum
&Dran. Bisher habe ich mich vorm
Hosennähen also immer gedrückt, aber allmählich muss der Bestand mal
aufgefüllt werden.
Ein
Schnitt, der mir sehr gut gefällt, den ich gut tragen kann (wie ich
finde), und den ich auch schon einmal genäht
habe, ist Classic Flares
/ Nr. 20 aus Ottobre 2/13.
Dieser
Schnitt hat alles: Bund, Sattel, Reißverschluss, Knopf, Eingrifftaschen
– und dazu leicht ausgestellte Beine, was ich persönlich sehr mag.
Weil
ich für den bevorstehenden Urlaub gern noch eine leichte Sommerhose
haben wollte, habe ich mich nun herangewagt und aus dem Schnitt eine
7/8-Version gebastelt.
Verwendet habe ich einen leichten Jeansstoff, ein Coupon vom Stoffmarkt
(dummerweise ohne den Stretchanteil, den der Schnitt eigentlich
vorsieht, naja). Falls der Versuch „in die Hose gehen“ würde, wäre
zumindest kein teurer Stoff verloren. Vom ersten Versuch
wusste ich noch, dass ich an der hinteren Bundnaht locker 3cm wegnehmen
konnte, was ich beim Zuschnitt gleich berücksichtigt habe. Den Bund
habe ich an die reduzierte Taillenweite angepasst, und mich dann mutig
ins Abenteuer gestürzt.
Zuerst
hab ich mir ein lustiges Taschenfutter ausgesucht – aus einem Rest
Baumwollstoff, rotorange mit bunten Paisleys. Ich mag sowas voll gern,
auch wenn man den
Taschenstoff in der Regel nicht sieht. Und ich bin immer total
begeistert, wie sehr eine Hose nach Hose aussieht, sobald man die
Taschen genäht hat 🙂
Beim
Reißverschluss habe ich mich dieses mal ganz genau an die Anleitung in
der Ottobre gehalten. Die ist zwar knapp, aber durch die Illustrationen
gut nachvollziehbar.
Und – oh Wunder! – zum ersten Mal ist mir ein perfekter
Hosenreißverschluss gelungen.
Damit
ging der Rest echt schnell. Allerdings musste ich bei der Anprobe dann
feststellen, dass die Hosenbeine um die Hüften rum durch den fehlenden
Stretchanteil
des Stoffes doch ganz schön spack geraten waren. So habe die Nahtzugabe
noch mal aufgetrennt und so knapp genäht wie möglich. So passt sie. Ein
bisschen fummelig war dann doch das Annähen des Bundstreifens – trotz
der Längenanpassung passte er nicht an den
Bund, aber auch das ließ sich lösen. Was mich aber immer wieder wundert
ist, dass ich beim Absteppen des Bundstreifens (von außen im
Nahtschatten) immer wieder ins Schrägband gerate, obwohl doch beide
Bundstreifen gleich breit sind. Habt ihr einen Tipp, was
ich falsch mache? (Ok, ist von innen und daher nicht SO
kriegsentscheidend)

Total
stolz bin ich auf die Gürtelschlaufen, ich finde, die sind mir sehr gut
gelungen, und mein Lieblingsgürtel passt durch! Auf meiner guten alten
Brother war auch
das Knopfloch kein Problem (es hätte allerdings etwas kleiner ausfallen
können). Ach ja, und erstmals habe ich auch noch „Hecktaschen“
angebracht. Mit dickerem Garn habe ich mich im Topstitching versucht –
aber für eine Kontrastfarbe war ich noch zu feige.
Die
Beine habe ich umgeschlagen – mit meiner Lösung (Umschlag abgesteppt)
bin ich allerdings nicht so ganz zufrieden. Allerdings habe ich
Synapsensperre, wie ich
den Umschlag anders hätte machen können. Die Kante mit der Ovi säumen ,
umschlagen, und dann im Nahtschatten der Seitennähte feststeppen ? Habt
ihr eine Idee?

Bis
auf diese Kleinigkeit bin ich mit dieser Hose total zufrieden. Sie
sitzt bequem, ist schön leicht und gefällt mir einfach VOLL GUT!
Die Jacke, genäht im letzten Frühjahr – ist inwzsichen ein absolutes Lieblingsstück. Ich habe sie hier schon gezeigt.  Auch das Ringelshirt, gezeigt hier,  trage ich total gern. Leider musste ich es etwas kürzen, ich hatte mir hinten am Saum ein Loch gerissen, jetzt ist es leider fast ein bisschen kurz geraten.

Weil sie gerade noch rechtzeitig fertig wurde, durfte meine neue Hose mit nach Stralsund zur Langen Nacht des offenen Denkmals. Hier habe ich schon über die Abendveranstaltung berichtet, ein echt empfehlenswertes Highlight.
Jetzt möchte ich euch mitnehmen auf einen kleinen Stadtrundgang durch die schöne Hansestadt (die mir tatsächlich noch besser gefällt als mein geliebtes Lübeck):

Zum Auftakt haben wir der Störtebeker-Brauerei einen Besuch abgestattet. Im Fanshop kann man alle Sorten der Störtebeker-Biere und diverse Fanartikel kaufen. Bei einem vorherigen Besuch haben wir eine Brauereiführung samt Verkostung gemacht, und sogar mir schmecken die meisten Sorten. In der Brauereigaststätte gibt es deftiges, leckeres Essen – wir haben den Abend mit ein paar Tapas eingeläutet. Lecker!

Am nächsten Morgen stand erst mal eine Stadtführung an. Wir hatten eine unterhaltsame Führerin, die anschaulich von den Gebräuchen in der Hansezeit zu erzählen wusste. Allerdings hat sie so viel erzählt, das wir uns kaum vom Marktplatz, von dem aus die Tour startete, wegbewegten. Die wunderschöne Passage im Rathaus samt der Büste von König Gustav Adolf Zwo gehörte aber zum Programm, ebenso wie einige schöne Hansehäuser am Platz.


Für die Fitness empfiehlt sich die Besteigung der Marienkirche – 366 Stufen sind zu besteigen, um auf die in 104 m Höhe gelegene Aussichtsplattform zu gelangen. Mir hängt jedes Mal die Lunge aus dem Hals (dies war die 2. Besteigung), aber die Qual lohnt sich, denn die Aussicht über die Stadt, den Strelasund und bis nach Rügen ist einfach grandios.


Wer kraxelt, darf auch essen (und auswärts essen setzt ohnehin nicht an auf den Hüften!) – im Café Gumpfer gleich beim Ozeaneum gibt es eine sensationelle Tortenauswahl. Das Café ist in einem Gebäude, in dem früher ein Fliesenhandel untergebracht war. Reste der „Ausstellung“ von damals sind am Nebeneingang noch zu finden, und auch in der Fassade. Ganz rechts ist der Eisverkauf untergebracht, links das Café, und was heute der Eingang ist, war früher die Durchfahrt für die Pferdewagen – wenn man’s weiß, sieht man die Geschichte auch. So was gefällt mir immer sehr sehr gut – und mein Stück Frankfurter Kranz mindestens genau so.

Wenn man so mit offenen Augen durch die Altstadt bummelt, gibt es so viel zu entdecken. Bunte Fassaden, schön gestaltete Eingänge zu versteckten Lädchen…

Wieder hergestellte Beschriftungen an den Gebäuden lassen etwas ahnen von deren Geschichte.

Selbst neuere Gebäude sind mit schönen Details versehen – hier mit einer wunderschön gestalteten Hausnummer.
Frische Bücher gibt es auch – was für ein Glück!
Und das lustige Männchen erinnert an die herzhaften Gepflogenheiten im Mittelalter – die Straße, deren Ecke es verziert, hieß früher „Arschritze“. Der Legende zufolge war keiner der Anwohner traurig über eine Umbenennung. Gegenüber des Männchens ist übrigens das katholische Pfarramt. Bei „Kirchens“ war man im Mittelalter ja auch nicht so zimperlich – ich hab mich jedenfalls sehr amüsiert über diese Kombination.
Aber noch einmal zurück zur Hose:
Von dem Jeanscoupon mit 1.6 m Länge ist nichts mehr übrig – damit lässt sich meine Stoffkiste sogar wieder schließen, yeah!
Durch diesen Erfolg beflügelt, habe ich mir fest vorgenommen, den gleichen Schnitt noch einmal zu nähen – grauer Baumwollstretch (!) liegt schon bereit.
Und neulich hat mich im Stoffladen ein weiterer Baumwollstretch angesprungen, der ebenfalls unbedingt zu einer Hose für mich werden will . Hierfür habe ich einen Burda-Schnitt auserkoren. Und einen Schnitt für eine Boyfriend-Hose
habe ich auch schon besorgt.
Ob ich doch noch zur Hosenspezialistin werde?
Mit diesem Reisebericht geht mein Post zum Me-Made-Mittwoch. Schön, dass es diese Runde gibt!