Mein gelbes Meisterstück

Mein gelbes Meisterstück

25. April 2019 30 Von FrauSonnenburg

Anfang April war ich zum Nähwochenende Sewing by the Sea, organisiert von Alex – Mamamachtsachen. Von Donnerstag Abend bis Sonntag Mittag Nähen unter Gleichgesinnten – und das auch noch in einer Jugendherberge direkt am Strand, ist das nicht herrlich?

Schon Wochen vorher habe ich mit KaPe Anlumi überlegt, was man denn an einem so langen Wochenende Tolles nähen könnte. Schon im November nach dem Bloggertreffen Hamburg war klar – es muss etwas aus Dry Oilskin sein! (Denn beim Bloggertreffen waren einige ganz coole Taschen aus genau diesem Material zu sehen und Probe tragen gewesen.) Schnell hatte ich einenTrenchcoat von Burda ins Auge gefasst – und nach intensiver Beratschlagung und Ermutigung durch meine Nähfreundinnen (es gibt da noch so ein Trenchcoat-Trauma…) traf ich meine Entscheidung für das Modell.

Die Vorbereitungen

Die erste Herausforderung war das Drucken des Schnitts. Der hat nämlich satte 56 Seiten, und Burda bietet keine Plotdatei an (falls jemand aus dem Hause Burda diesen Post lesen sollte: Das wäre wirklich toll, wenn man so große Schnittmusterdateien gleich zur Plotterei schicken könnte!). Zusammenkleben kam bei so vielen Seiten einfach nicht in die Tüte, also habe ich den Schnitt bei Schnittherzchen plotten lassen. Es kamen stolze drei Bögen A0 ins Haus, und damit stellte sich die nächste Herausforderung: Alle Schnittteile ausschneiden.

Ich habe mich ja im Winter mit dem Buch „Passt perfekt“ und dem Thema der Schnittanpassung und Größenbestimmung beschäftigt. Da das Material ein kleines Vermögen gekostet hatte, musste dieser Mantel einfach super perfekt passen. So habe ich mir tatsächlich die Mühe gemacht, den Schnitt an den kritischen Punkten auszumessen, mit meinen Maßen zu vergleichen und den Schnitt zu gradieren. Dann erst habe ich die Schnitteile ausgeschnitten und mich anschließend an den Zuschnitt gewagt. Bei so vielen Schnitteilen, die großteils aus Oberstoff und Futter geschnitten werden mussten, eine echte Herausforderung, die mich zwei Nachmittage kostete.

Das Material

Wie schon geschrieben, war schnell klar, dass der Trench aus Dry Oilskin von Merchant & Mills sein sollte. KaPe Anlumi hatte Farbmuster zur Verfügung, so dass wir beide Farbe und Haptik am Original beurteilen konnten. Über der Farbe habe ich etwas länger gegrübelt. Einen blauen Trench habe ich schon. Das Rot gefiel mir gut – aber das knallgelb, aus dem auch das Burda-Modell genäht war, fand ich dann doch so richtig genial. So wanderten dank Sammelbestellung satte vier Meter in meinen Besitz. (Tipp: bei einer Bestellmenge von mehr als einem Meter lohnt sich eine Direktbestellung in UK. Jedenfalls, solange es keinen Brexit gibt.)

Hier gleich noch eine Kritik an Burda – wenn bei großzügigem Zuschnitt von der angegebenen Stoffmenge noch fast ein Meter teurer Stoff übrig bleibt, stimmt etwas in der Kalkulation nicht! Sehr ärgerlich, denn gerade bei Mantelstoffen gibt man unnötig viel Geld aus. Hier besteht dringend Nachbesserungsbedarf!

Als Futter fand sich in meinem vorrat ein wunderschöner Baumwollstoff mit grauen Federn. Eine Lektion, die ich von meinem ersten Trench-Projekt gelernt habe ist – rutschiges Futter in den Ärmeln ist einfach besser. So habe ich für die Ärmel einfachen grauen Futtertaft gewählt.

Gerade noch rechtzeitig waren alle Vorbereitungen abgeschlossen, und das Nähwochenende konnte starten.

Sewing by the Sea

Zum zweiten Mal fand das Nähwochenende in der Jugendherberge Scharbeutz statt. Die Jugendherberge liegt wirklich direkt am Strand, und hat einen schönen, hellen Nähraum, der für unsere kleine Gruppe von 15 Näherinnen perfekt war. Auch an Ausstattung gab es alles, was das Herz begehrte: von der Coverlock über Bügeleier und Dampfbügelstation bis hin zur wirklich (!) scharfen Schere! Im Laufe des Wochenendes wurden auch wieder diverse Modelle kreuz und quer anprobiert, und bei so mancher wuchs die To-Sew-Liste wieder um einige Projekte. Auch einen Tauschtisch mit ungeliebten Stoffen gab es wieder – ich habe mir davon einen dunkelblauen Strickstoff mitgenommen. Was daraus geworden ist, erzähle ich ein andermal.

Das Wetter war so herrlich Anfang April, dass ich mich sogar getraut habe, die Wasserqualität zu testen. Es war… erfrischend!

Nähen in Etappen

Für mein Mantelprojekt habe ich mir Etappenziele gesetzt – am Ende des ersten Tages wollte ich die Pattentaschen fertig eingesetzt haben: check! Dank großartiger Beratung meiner lieben Anna, die mir bei meinem ersten Trench schon so geholfen hatte!

Auf dem Bild oben verstecken sich 10 Schnittteile – kaum zu glauben, oder?

Etappenziel Tag 2: Obermantel fertig stellen

Bis zum Punkt, bei dem die Ärmel einzusetzen waren, gab es keine besonders großen Schwieirigkeiten mit der Anleitung. Bei den Ärmeln allerdings lief es erst einmal nicht so gut. Zum einen sind 1.5 cm Nahtzugabe einfach zu viel – wenn dann noch der recht steife Oilskin dazukommt und als geschlossener Ärmel eingesetzt werden will, wird es schwierig, zumal der Mantel dann schon ein gutes Stück wiegt. Jedenfalls sollte die Ärmelweite eingehalten werden – annähernd unmöglich. Dank der guten Ratschläge meiner Mitnäherinnen habe ich die Nahtzugabe an der Ärmelschulter ein Stück weit eingeschnitten, um die Dehnbarkeit zu erreichen, und mit gaaaanz vielen Stecknadeln funktionierte es schließlich.

Etappenziel Tag drei: Futter nähen und einsetzen

Das Verbinden vom Obermantel mit dem Futterteil war ziemlich schwierig. Der Mantel war inzwischen echt schwer geworden und deshalb schwierig zu handhaben, und am Kragen gibt es eine Stelle, die ganz knifflig zu nahen ist. Hierbei habe ich mich wirklich lange aufgehalten. Perfekt geworden ist es nicht, aber schlussendlich siegte der Guerilla in mir. Beim „Verheiraten“ der Ärmel hatte ich wieder liebe Hilfe, und als letzte Maßnahme des Tages wurde der Saum begradigt und abgesteppt. Denn anders als im Original vorgesehen, habe ich das Futter unten offen gelassen.

Etappenziel Tag 4: Knöpfe und Knopflöcher

Am Sonntag standen noch die letzten Feinheiten an – die Ärmelriegel, Knopflöcher und Knöpfe. Vor Knopflöchern habe ich ja nach wie vor einen Heidenrespekt. Schließlich kann man sich auf den letzten Drücker noch ein Projekt verderben.

Aber meine kleine Nähmaschine, die bei diesem Mantel so oft an ihre Grenzen kam, ließ mich nicht im Stich, und so konnte ich während der Abschlusspräsentation die Knöpfe annähen und hatte so am Ende des Nähwochenendes einen fertigen Mantel. Und Leute, ich bin echt richtig derbe stolz!

Am Strand wurden dann gleich Fotos gemacht:

Verloren gehen werde ich mit diesem Mantel jedenfalls nicht *lach*

Hier ist es nun aus der Nähe, mein tolles gelbes Meisterstück:

Ein Nachteil am Oilskin ist, das er ziemlich knittert. Mit dem Bügeleisen ist er schwer zu bändigen – und ob die Beschichtung Bügeln gut aushält, ist fraglich. Andererseits stört es mich nicht besonders, ich finde die Knitterfalten eher edel.

Tragefotos gibt es natürlich auch:

Und was soll ich sagen – ich bin wirklich ein großer Fan von diesem Mantel! Natürlich wegen der krassen Farbe, die macht beim Tragen einfach gute Laune. Auch die Passform ist super. Der Aufwand, den ich beim Ausmessen des Schnittmusters betrieben habe, hat sich voll ausgezahlt. Am Schnitt gefallen mir die wirklich großen Taschen, die auch genau auf der richtigen Höhe sitzen, und der große „Tunnel“, durch den der Gürtel auf der Rückseite fürt.

Anders als beim Original habe ich vorne drei Knöpfe angebracht statt nur einem (und werde vielleicht noch einen vierten etwas weiter oben setzen), und dem Mantel auf den Seitennähten noch jeweils eine Gürtelschlaufe spendiert. Damit ist er nun einfach perfekt!

Und passend zum Mantel ist auch noch mein erstes Projekt vom SJKA ’19 fertig geworden: La Crau in blau-grau-gelb.

Und damit geht mein famoser Mantel zum Me-Made Mittwoch.
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