
Schnittmuster Berlin: Blusenshirt Marlene
Schon ist der Mai gekommen – weder die Natur noch der Kalender lassen sich durch die allgegenärtige Entschleunigung aufhalten. Bei mir persönlich macht sich im Gegensatz dazu die Corona-Krise in Form von Trägheit bemerkbar – leere Terminkalender lassen bei mir einen fast nicht mehr gekannten Schlendrian einkehren. Mit dem könnte ich mich anfreunden, unverplante Zeit lässt so schön Platz zum In-den-Tag-Träumen und Ideen ausbrüten. Eigentlich möchte ich gar nicht mehr zurück in das alte Hamsterrad – das ist eine meiner Lehren aus dieser Zeit.
Aufgrund der beschriebenen Trägheit (und weil meine Kreativität sich außerdem in der Gartenpflege, Renovierungsarbeiten, und dem Kochen und Backen ausgetobt hat), habe ich gar nicht so viel genäht. Trotzdem zeige ich euch heute ein neues Blusenshirt nach bisher unerprobtem Schnitt.
Blusenshirt mit besonderen Details
Vergangenen Herbst habe ich im Usedom-Urlaub einen 1m-Rest schwarzer Viskose mit Katzenmuster erwischt. Der Stoff verbrachte den Herbst und Winter in der Stoffkiste, ich verbrachte die Zeit auf der Suche nach einem passenden Schnitt für das bisschen Stoff.
Nach einigem Hin und Her (Sorbetto? Hab ich schon. Ottobre? Hat nichts Passendes. Burda? Schnitte aus meinen Heften brauchen alle mehr Stoff…) entschied ich mich für das Blusenshirt Marlene von Schnittmuster Berlin. Von dem Label hatte ich noch nie gehört, war aber bei Sandra darüber gestolpert. Die Auswahl an Schnitten und die Präsentation auf der Homepage fand ich ansprechend – der Katzenstoff sollte also eine Marlene werden.

Das Shirt besteht aus einem geteilten Vorderteil mit Schlitz. Am Halsausschnitt werden kleine Fältchen gelegt. Aufgrund der geschwungenen Säume der angeschnittenen Ärmelchen werden diese samt der Schulterkanten mit Schrägband eingefasst, anschließend ebenfalls der Halsausschnitt. Seitlich ist das Shirt geschlitzt. Der Schnitt ist als Papierschnitt in den Größen 34 bis 52 erhältlich – Drucken und Kleben entfiel also. Das Ganze klang also ziemlich easy going.
Beim Nähwochenende in Dänemark war Marlene mein Zweitprojekt nach der Kimonobluse. Zugeschnitten hatte ich zu Hause, und ich war guten Mutes, das Projekt so eben mal wegzunähen. Da mir die Ausschnittversäuberung mit selbst hergestelltem Schrägband nicht zusagte, überlegte ich mir eine Schluppenlösung zum Binden.
Probleme mit Marlene
Ein Merksatz für geteilte Vorderteile: Beim Zuschnitt auf das Muster achten verschönert das Gesamtbild. Bei dem noch recht klein gemusterten Katzenstoff ist das nicht so schlimm – dennoch wäre es ein Punkt, den ich künftig besser mit bedenken sollte.
Als erstes werden die Vorderteile zusammengesetzt und der Schlitz gearbeitet. Bei diesem wird die Nahtzugabe über die Schlitzlänge doppelt eingeschlagen und angesteppt. Das erschien mir zu einfach – daher habe ich den Schlitz herkömmlich mit einem kurzen Schrägstreifen versäubert. Bei der Anprobe einige Schritte später dann das böse Erwachen: Der Schlitz erlaubte tiefe Einsichten. Waffenscheinpflichtig, sozusagen. Für ein bürotaugliches Oberteil deutlich zu tief.

Wegen meiner feinen Versäuberung konnte ich den Schlitz nicht einfach weiter zusteppen: ich kam an die Teilungsnaht nicht mehr heran. Auftrennen war keine Option, denn der feine Stoff neigt zum Fädchen ziehen. Ganz zum Ende des Projektes nach einigen Grübeleien habe ich den Schlitz dann mittels Matratzenstich entschärft – ganz sauber, wie auf dem Foto oben zu sehen ist.
Die zweite Herausforderung lag im Einfassen von Ärmelsaum und Schultern mit Schrägstreifen, die aus dem Stoff hergestellt werden. Ich verstehe bis heute nicht, wie das dafür vorgesehene Schnittteil die erforderliche Gesamtlänge ergeben soll. Meiner Meinung nach muss es doppelt so lang sein, da man damit vier Kanten einfassen muss. Abgesehen davon ist es eine Kunst, Schrägstreifen aus flutschiger Viskose an flutschige Säume zu nähen. Mir ist das nur so halbgut gelungen.
Die Säume von Vorder- und Rückenteil werden separat gesäumt, dabei entsteht der seitliche Schlitz. Die starke Rundung beizubehalten, während man den Stoff zwei Mal 1 cm umschlägt, fand ich auch durchaus anspruchsvoll. Mit fleißigem Bügeln war der Saum zu bewältigen. Grundsätzlich finde ich 1 cm als Saum zu wenig – ein breiterer Saum hätte sich aber wohl wegern der Rundung nicht arbeiten lassen.

Die Einfassung des Ausschnitts mit Schluppe habe ich schon mehrfach geübt. So war das Annähen trotz Flutschi-Stoff kein großes Problem. Da mein Schrägstreifenvorrat sich beim Versäubern der Schultern schon ziemlich erschöpft hat, ist die Schluppe nun deutlich kürzer als geplant, aber am Ende war kein entsprechend großes Stück Stoff mehr übrig, aus dem ich noch mehr Band hätte herstellen können. So gesehen eine Punktlandung und optimale Nutzung es vorhandenen Stoffs.
Luftige Marlene
Trotz aller Querelen wurde Marlene trotdem in Dänemark noch fertig. Fotografieren konnte ich sie aber erst vor kurzem, da erst dann die Temperaturen mitspielten.

Marlene ist eine luftige Sommerbluse, die sich wegen der runden Säume gut über der Hose tragen lässt. Sicher wird sie sich aber auch in den Bund gesteckt und unter einem Jäckchen getragen gut machen. Handwerklich ist Marlene aufgrund der oben beschriebenen Trickseleien kein Aushängeschild – dennoch ist es ein tragbares Shirt für heiße Tage.

Beim Me-Made Mittwoch gibt es heute wieder viele weitere selbstgenähte Kleidungsstücke zu sehen. Fitzladen eröffnet die Runde mit einer wunderbaren roten Culotte mit Nadelstreifen – sehr sehenswert!
Außerdem verlinkt zu Die vier Jahreszeiten – The Creative Lover
Das ist ja wirklich ein hübscher Schnitt, und Du hast ihn aus dem Viskosestöffchen sehr überzeugend umgesetzt. Aber was Du über die Anleitung und Verarbeitung schreibst, finde ich von der Schnittdesignerin nicht gut gelöst. Der geschwungene Saum ist wirklich toll, aber den kriegt man mit so einem einfachen umgesteppten Saum doch nie richtig schön hin. Ich denke, die bessere Lösung wäre ein Saumbeleg gewesen, oder ein Rollsaum. Und Schrägstreifenversäuberung mit flutschiger Viskose, das ist ja wirklich eine STrafaufgabe- toll, daß Du das so gut hinbekommen hast! Sind die Schultern einzeln mit Schrägstreifen eingefaßt, oder gemeinsam? lag es vielleicht daran, daß der Schrägstreifen nicht gereicht hat?
Das Endergebnis der Bluse ist jedenfalls sehr schön, und der Stoff natürlich genial für uns Katzenfreundinnen…ich denke, Du wirst die Bluse oft und gerne tragen!
Liebe Grüße, Barbara
Liebe Barbara, die Schultern und Ärmel werden einzeln eingefasst und dann die Schulternähte geschlossen. Damit entsteht die geschlitzte Ärmeloptik. Aber du hast Recht, sollte es ein nächstes Mal geben, werde ich einen Beleg für den Saum basteln und das Mehr an Stoff berücksichtigen.
Viele Grüße, Sandra
Superschöne Bluse! Der Stoff ist ganz zauberhaft und der Schnitt hat schöne Details. Bei ähnlichen Modellen mit gerundetem Saum habe ich gesehen, dass ein ca. 4 cm breiter Beleg gegengenäht wird, dann gibt es sicher weniger Mühe mit dem einbügeln usw. Die Farbe vom Stoff verzeiht aber einiges und ich finde die Bluse steht Dir ganz fabelhaft! Die Ausschnittlösung gefällt mir richtig gut! LG Kuestensocke
Sauber gelöst, kann ich da nur sagen und der Stoff erinnert mich an die „Schwimmerinnen“. Ich glaube, den hattest du auch oder? Beim Lesen habe ich ein paar Mal gedacht:“ Ich höre Sandra jetzt laut schimpfen!“ Das wundert aber auch nicht, ich glaube, ich wäre geplatzt! Du hast die Bluse trotz allem super hinbekommen und hast jetzt für die warmen Sommertage eine schöne Bluse, deren Länge ich ganz hervorragend finde. Viel Spaß damit.
Liebe Grüße Elisabeth
Liebe Elisabeth,
Na, da habe ich aber einen Ruf, wenn du denkst, ich hätte dauernd laut geschimpft 😀
Habe ich tatsächlich gar nicht so oft. Aber tatsächlich hat der Schnitt so seine Tücken, die ich beim nächsten Mal anders angehen würde. Versuch macht halt kluch.
Der Schwimmerinnen-Stoff (ich hatte den mit den Schirmchen in der gleichen Qualität) war übrigens nicht so flutschig, mit dem hätte zumindest der Saum vielleicht besser geklappt.
LG
Sandra
Den Kätzchenstoff finde ich süß! So eine aufwendige Verarbeitung kann ich nur bewundern! Das Shirt ist schön geworden!
LG Monika
Hallo Elisabeth,
mich würde interessieren, wie groß der Schnitt ausfällt. Ich habe bisher einen (Hosen)Schnitt von Schnittmuster Berlin genäht – und der fiel unglaublich groß aus. Wie sind Deine Erfahrungen? Den Katzenstoff finde ich übrigens ganz bezaubernd!
LG Julia
Liebe Julia,
Ja, der Schnitt ist schon recht geräumig. Eine Größe weniger hätte auch noch bequem gepasst. Dass die Schnitte so groß ausfallen, habe ich auch anderweitig schon gehört.
LG
Sandra
Wenn ich Schrägband höre, steigt mein Puls direkt. Dann auch noch aus einem solch flutschigem Stoff… Da muss ich zugeben, dass ich vermutlich erst gar nicht mit dem Schnitt angefangen hätte. Gut, dass du das anders gesehen hast!
Diesen Schnitt habe ich noch nie vernäht gesehen, deshalb vielen Dank für die Vorstellung!
Dieser Stoff ist immer wie richtig schön.
Liebe Grüße
Susan
Ha, wer hätte gedacht, das so viel Tücke in den vermeintlich schlichten Blusenshirt steckt… Das hast du aber gut gemeistert! Der Katzenstoff passt herrlich zu dir! LG Sarah