Schnittmuster Berlin: Blusenshirt Marlene

Schnittmuster Berlin: Blusenshirt Marlene

6. Mai 2020 11 Von FrauSonnenburg

Schon ist der Mai gekommen – weder die Natur noch der Kalender lassen sich durch die allgegenärtige Entschleunigung aufhalten. Bei mir persönlich macht sich im Gegensatz dazu die Corona-Krise in Form von Trägheit bemerkbar – leere Terminkalender lassen bei mir einen fast nicht mehr gekannten Schlendrian einkehren. Mit dem könnte ich mich anfreunden, unverplante Zeit lässt so schön Platz zum In-den-Tag-Träumen und Ideen ausbrüten. Eigentlich möchte ich gar nicht mehr zurück in das alte Hamsterrad – das ist eine meiner Lehren aus dieser Zeit.

Aufgrund der beschriebenen Trägheit (und weil meine Kreativität sich außerdem in der Gartenpflege, Renovierungsarbeiten, und dem Kochen und Backen ausgetobt hat), habe ich gar nicht so viel genäht. Trotzdem zeige ich euch heute ein neues Blusenshirt nach bisher unerprobtem Schnitt.

Blusenshirt mit besonderen Details

Vergangenen Herbst habe ich im Usedom-Urlaub einen 1m-Rest schwarzer Viskose mit Katzenmuster erwischt. Der Stoff verbrachte den Herbst und Winter in der Stoffkiste, ich verbrachte die Zeit auf der Suche nach einem passenden Schnitt für das bisschen Stoff.

Nach einigem Hin und Her (Sorbetto? Hab ich schon. Ottobre? Hat nichts Passendes. Burda? Schnitte aus meinen Heften brauchen alle mehr Stoff…) entschied ich mich für das Blusenshirt Marlene von Schnittmuster Berlin. Von dem Label hatte ich noch nie gehört, war aber bei Sandra darüber gestolpert. Die Auswahl an Schnitten und die Präsentation auf der Homepage fand ich ansprechend – der Katzenstoff sollte also eine Marlene werden.

Schnittmuster Berlin - Blusenshirt Marlene - Zeichnung

Das Shirt besteht aus einem geteilten Vorderteil mit Schlitz. Am Halsausschnitt werden kleine Fältchen gelegt. Aufgrund der geschwungenen Säume der angeschnittenen Ärmelchen werden diese samt der Schulterkanten mit Schrägband eingefasst, anschließend ebenfalls der Halsausschnitt. Seitlich ist das Shirt geschlitzt. Der Schnitt ist als Papierschnitt in den Größen 34 bis 52 erhältlich – Drucken und Kleben entfiel also. Das Ganze klang also ziemlich easy going.

Beim Nähwochenende in Dänemark war Marlene mein Zweitprojekt nach der Kimonobluse. Zugeschnitten hatte ich zu Hause, und ich war guten Mutes, das Projekt so eben mal wegzunähen. Da mir die Ausschnittversäuberung mit selbst hergestelltem Schrägband nicht zusagte, überlegte ich mir eine Schluppenlösung zum Binden.

Probleme mit Marlene

Ein Merksatz für geteilte Vorderteile: Beim Zuschnitt auf das Muster achten verschönert das Gesamtbild. Bei dem noch recht klein gemusterten Katzenstoff ist das nicht so schlimm – dennoch wäre es ein Punkt, den ich künftig besser mit bedenken sollte.

Als erstes werden die Vorderteile zusammengesetzt und der Schlitz gearbeitet. Bei diesem wird die Nahtzugabe über die Schlitzlänge doppelt eingeschlagen und angesteppt. Das erschien mir zu einfach – daher habe ich den Schlitz herkömmlich mit einem kurzen Schrägstreifen versäubert. Bei der Anprobe einige Schritte später dann das böse Erwachen: Der Schlitz erlaubte tiefe Einsichten. Waffenscheinpflichtig, sozusagen. Für ein bürotaugliches Oberteil deutlich zu tief.

Blusenshirt Marlene - Schnittmuster Berlin - Ausschnitt

Wegen meiner feinen Versäuberung konnte ich den Schlitz nicht einfach weiter zusteppen: ich kam an die Teilungsnaht nicht mehr heran. Auftrennen war keine Option, denn der feine Stoff neigt zum Fädchen ziehen. Ganz zum Ende des Projektes nach einigen Grübeleien habe ich den Schlitz dann mittels Matratzenstich entschärft – ganz sauber, wie auf dem Foto oben zu sehen ist.

Die zweite Herausforderung lag im Einfassen von Ärmelsaum und Schultern mit Schrägstreifen, die aus dem Stoff hergestellt werden. Ich verstehe bis heute nicht, wie das dafür vorgesehene Schnittteil die erforderliche Gesamtlänge ergeben soll. Meiner Meinung nach muss es doppelt so lang sein, da man damit vier Kanten einfassen muss. Abgesehen davon ist es eine Kunst, Schrägstreifen aus flutschiger Viskose an flutschige Säume zu nähen. Mir ist das nur so halbgut gelungen.

Die Säume von Vorder- und Rückenteil werden separat gesäumt, dabei entsteht der seitliche Schlitz. Die starke Rundung beizubehalten, während man den Stoff zwei Mal 1 cm umschlägt, fand ich auch durchaus anspruchsvoll. Mit fleißigem Bügeln war der Saum zu bewältigen. Grundsätzlich finde ich 1 cm als Saum zu wenig – ein breiterer Saum hätte sich aber wohl wegern der Rundung nicht arbeiten lassen.

Blusenshirt Marlene - Schnittmuster Berlin - Seite - Ärmel
Wenn man genau hinschaut, sieht man die gerundete Ärmelform, die eine geschlitzte Optik ergibt. Der Saum des Rückenteils ist etwas länger als der vordere Saum.

Die Einfassung des Ausschnitts mit Schluppe habe ich schon mehrfach geübt. So war das Annähen trotz Flutschi-Stoff kein großes Problem. Da mein Schrägstreifenvorrat sich beim Versäubern der Schultern schon ziemlich erschöpft hat, ist die Schluppe nun deutlich kürzer als geplant, aber am Ende war kein entsprechend großes Stück Stoff mehr übrig, aus dem ich noch mehr Band hätte herstellen können. So gesehen eine Punktlandung und optimale Nutzung es vorhandenen Stoffs.

Luftige Marlene

Trotz aller Querelen wurde Marlene trotdem in Dänemark noch fertig. Fotografieren konnte ich sie aber erst vor kurzem, da erst dann die Temperaturen mitspielten.

Blusenshirt Marlene - Schnittmuster Berlin - Ausschnitt - Tragefoto

Marlene ist eine luftige Sommerbluse, die sich wegen der runden Säume gut über der Hose tragen lässt. Sicher wird sie sich aber auch in den Bund gesteckt und unter einem Jäckchen getragen gut machen. Handwerklich ist Marlene aufgrund der oben beschriebenen Trickseleien kein Aushängeschild – dennoch ist es ein tragbares Shirt für heiße Tage.

Blusenshirt Marlene - Schnittmuster Berlin - Ausschnitt - Tragefoto2

Beim Me-Made Mittwoch gibt es heute wieder viele weitere selbstgenähte Kleidungsstücke zu sehen. Fitzladen eröffnet die Runde mit einer wunderbaren roten Culotte mit Nadelstreifen – sehr sehenswert!

Außerdem verlinkt zu Die vier JahreszeitenThe Creative Lover