
Auf der StrickCouch: Steeken – ganz einfach!
Habt ihr schon einmal gesteekt? Ihr traut euch nicht, oder wisst nicht wie Steeken geht? Hier erkläre ich euch diese Stricktechnik Schritt für Schritt.
Zur Vorgeschichte
Neulich war ich zu Besuch bei Woolness by Claudia, und liebkoste Felted Tweed von Rowan. Ich hätte nämlich gerne einen neuen Loppa-Cardigan. Der alte ist inzwischen schon ziemlich abgeliebt. Und die wunderbare Farbpalette von Rowan Felted Tweed finde ich sehr ansprechend für ein Projekt mit Norwegermuster.
Claudia allerdings konnte mir die Frage nicht beantworten, ob sich das Garn zum Steeken eignet – diese Technik war ihr bisher nicht bekannt. So entstand die Idee zu diesem Blogpost.
Steeken – was genau ist das?
Beim Steeken wird in Runden gestrickt und das Gewebe anschließend aufgeschnitten und so geöffnet. AUFGESCHNITTEN? Genau, ihr lest richtig – wenn man das Ganze richtig angeht, ist das keine Sache, die den Blutdruck in die Höhe treibt. Versprochen!
Steeken wird zum Beispiel verwendet, wenn man beim mehrfarbigen Stricken z. B. einer Jacke unbequeme Rückrunden mit linken Maschen vermeiden will. Man strickt demnach einen Pullover in Runden (und hat daher immer nur rechte Maschen im mehrfarbigen Teil) und schneidet diesen am Ende auf – der Pullover wird zur Jacke.
So eignet sich das Steeken für alle Projekte, die man lieber glatt rechts strickt und anschließend öffnen möchte, um abschließend einen Rand oder eine Knopfleiste anzubringen. Neben Jacken habe ich diese Technik auch schon bei Tüchern mit Fair-Isle-Muster gesehen.
Steeken – das richtige Garn
Nicht alle Garne sind geeignet zum Steeken, sie dürfen nicht zu glatt sein. Bei zu glattem Garn ist es möglich, dass die Maschen vor dem Schneiden nicht ausreichend gesichert werden können und sich irgendwann lösen. Nach meiner Erfahrung eignen sich „haarige“ Garne, die sich beim Stricken etwas ineinander verhakeln, wie zum Beispiel Alpaka oder Schurwolle Mischgarne mit Seidenanteil oder sehr glattes Merino sind eher mit Vorsicht zu genießen.
Zum Üben der Technik, und um sicher herauszufinden, ob das gewählte Garn sich für das Steeking-Projekt eignet, gilt daher: Maschenprobe anfertigen.
Maschenprobe
Vom erwähnten Rowan Felted Tweed bekam ich einen Garnrest zum Testen geschenkt, und los ging es mit der Maschenprobe. Hier reicht es, einen kleinen Schlauch zu stricken, und dazu so viele Maschen anzuschlagen, wie man sie auch für eine in Reihen gestrickte Probe wählen würde. Zusätzlich werden 5 – 7 Maschen als Steekmaschen aufgenommen. Diese werden später dann aufgeschnitten. Um sie von den glatt rechts gestrickten Maschen zu unterscheiden, werden die Steekmaschen entweder glatt links oder im Perlmuster gestrickt.
Maschen sichern – drei Möglichkeiten
Wenn die Maschenprobe die gewünschte Höhe erreicht hat (in meinem Fall 10 cm), werden alle Maschen abgekettet. Als Vorbereitung für das Steeken werden die Maschen unmittelbar rechts und links der Steekmaschen gesichert. Ich bevorzuge das Sichern mit gehäkelten Kettmaschen:
Diese häkele ich mit einem Rest Garns, das etwas dünner ist und eine gut sichtbare andere Farbe hat. (Eine Anleitung zum Häkeln von Kettmaschen gibt es z. B. hier bei Myboshi)
Wer eine Nähmaschine hat, kann die Kanten auch mit einem ganz engen Zickzackstich sichern. Hierbei muss man allerdings aufpassen, dass man nicht das Vorderteil auf das Rückenteil näht. Die Naht ist allerdings sehr stabil und trägt nachher nicht auf.
Als dritte Möglichkeit kann man das Sichern und Aufschneiden in einem Erledigen, indem man die Overlockmaschine nutzt. Diese Methode empfehle ich nur, wenn ihr eure Overlock sehr gut im Griff hat. Wenn man ein bisschen vom Kurs abkommt, hat man sich ganz schnell sein Strickprojekt verdorben.
Steeken: … und Schnitt!
Nun wird es ernst – die Schere kommt zum Einsatz.
Zwischen den beiden Nähten wird das Gestrick nun vorsichtig aufgeschnitten. Dabei ist zu beachten, dass nicht die unten liegende Schickt mit geschnitten wird! Bei einem großen Stück wie zum Beispiel einer Jacke ziehe ich dieses über ein Bügelbrett, so dass ich eine harte glatte Unterlage unter dem Steek habe und mich ganz aufs Schneiden konzentrieren kann.
Fertig ist der Steek
Und damit ist es schon getan: Der Steek ist fertig.
Rowan Felted Tweed hat das Experiment glänzend überstanden, und flach ausgebreitet lässt sich die Maschenprobe ganz einfach wie gewohnt auszählen.
Creadienstag – Maschenfein (auf den Nadeln Oktober) – Meine Fummeley – Creative Lovers –
Hallo,bleibt der Sicherungsfaden nach dem Aufschneiden drinnen?lg von Frauke
Liebe Frauke,
ja, genau – der Sicherungsfaden dient ja der Sicherung der Maschen. Nicht nur beim Schneiden, sondern auch (und besonders) danach. Damit die Maschen dauerhaft gesichert bleiben, wird die Sicherung nachher nicht wieder aufgetrennt. Die Schnittkanten werden später entweder weiter verarbeitet, mit einer Knopfleiste z. B. oder einem I-Cord. Oder sie werden einfach eingerollt und festgenäht – in beiden Fällen bleibt der Sicherungsfaden an Ort und Stelle, aber ist nicht mehr sichtbar.
Viele Grüße
Sandra
Hallo!
Kann man eigentlich aus jedem Pullover eine Jacke steeken? Wenn ich am Vorderteil einfach z.B. 5 zusätzliche Maschen stricke für den Steek, müsste das doch eigentlich funktionieren, oder?
LG Verena
Liebe Verena,
vielen Dank für Deine Anfrage über meinen Blog.
Grundsätzlich ist es möglich, aus jedem Pullover eine Jacke zu machen, indem man vorne zusätzliche Steekmaschen mit einplant. (Je nach Garnstärke auch sicherheitshalber mehr als 5 M, damit man genügend Reserve rechts und links der Schnittkanten hat, um anschließend zu versäubern).
Allerdings ist es sehr wichtig, dass man vorher einen „Probesteek“ an der Maschenprobe anfertigt. Nur so lässt sich eindeutig sagen, ob das verwendete Garn zum Steeken taugt und z. B. nicht zu glatt dazu ist.
Ich hoffe, ich konnte damit weiterhelfen.
Viele Grüße
Sandra
Ich habe auch eine Frage dazu: werden die Steekmaschen im Muster gearbeitet oder einfarbig und dann weiter im Muster? Dankeschön
Liebe Valeria,
da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ich mache es immer gern so, das ich die Steekmaschen immer abwechselnd in den Farben der aktuellen Reihe stricke – also 1 M Farbe A, 1 M Fabe B, 1 M Farbe A… So führt man beide Fäden gleichmäßig über die Steeklinie.
Im Muster zu stricken ist nicht unbedingt sinnvoll: Zum einen wird der Abschnitt ohnehin zerschnitten, zum anderen kommt man so evtl mit dem Musterrapport durcheinander.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Fäden der aktuellen Runde gut zum Rundenanfang am Ende der Steekmaschen weitergeführt werden, also nicht zu fest und nicht zu locker.
Ich hoffe, ich konnte damit helfen.
Viele Grüße und viel Erfolg
Sandra
Ganz lieben Dank! Ich werden deine Ratschläge befolgen! ❤️
Hallo! Vielen Dank für die Anleitung. Ich plane einen Pullover den ich zur Jacke steeken möchte. Es es notwendig die gesteekte maschenprobe vor dem Auszählen zu baden (lettlopi)? Danke für deinen Rat
LG
Pia
Liebe Pia,
danke für Deinen Kommentar.
Hier geht es um zweierlei Problemstellungen:
Die Maschenprobe als solche dient dazu, die geeignete Nadelstärke zu bestimmen und daraus die passende Größe der Anleitung abzuleiten. Für ein optimales Ergebnis ist dafür die gewaschene Maschenprobe relevant.
Gesteekt wird das fertige Strickstück üblicherweise vor dem Tragen, denn nach dem Steeken folgen möglicherweise noch weitere Arbeitsgänge, wie z. B. eine angestrickte Knopfleiste oder ein umlaufender I-Cord. Hier dient eine Maschenprobe dazu, herauszufinden, ob das Garn „steektauglich“ ist.
Um alles in einem Arbeitsgang abzuwickeln, muss die Maschenprobe also zu irgendeinem Zeitpunkt gewaschen werden. Am besten verfährt man so, wie man auch das eigentliche Strickprojekt abarbeiten würde: Maschenprobe stricken, steeken, Kanten versäubern und dann auszählen.
Viele Grüße
Sandra
Hallo,
ich habe eine Fair Isle Jacke „ Star Cardi“ von Donna Kay gestrickt und möchte gerne die Steekkanten innen verkleiden. Wie mach ich es am Besten, was kann empfohlen werden?
Liebe Elisabeth,
ich würde am ehesten Ripsband von innen mit der Hand aufnähen, wenn Ihnen die Steekkanten von innen nicht gefallen. Das sieht dann ähnlich aus wie hier bei diesem Cardigan:
https://frausonnenburg.de/fjka-21-im-winterfell-cardigan-beim-finale-der-herzen/
Wenn Sie weitere Hilfe brauchen – sprechen Sie mich gern an!
Viele Grüße
Sandra
Hallo, nimmt man zum Befestigen die gleiche Garnqualität? Nimmt man was komplett anderes?
Wenn man mit der Nähmaschine arbeitet ist es ja automatisch ein anderes Garn. Was wird eigentlich bevorzugt verwendet?
Liebe Ilka,
meinst Du mit „Befestigen“ das Sichern der Steek-Kante?
Es kommt ein bisschen auf das Garn an, mit dem Du gestrickt hast. Wenn ich die Kante mit Abhäkeln sichere, habe ich bisher immer das Originalgarn dazu verwendet. Wenn dies aber sehr dick ist, wird die Sicherungskante sehr „knubbelig“ und trägt auf. Dann ist es ratsamer, ein dünneres Garn zum Häkeln zu verwenden.
Bei der Arbeit mit der Nähmaschine nimmst du farblich passendes Nähgarn.
Was bevorzugt verwendet wird, liegt ganz bei Dir und hängt wie gesagt von der Methode ab, die Du verwendest. Ich habe auch schon Kanten mit der Overlock-Maschine gesichert (dabei wird versäubert und gleichzeitig der Steek aufgeschnitten) – das ist aber nur eine Methode für Geübte mit guten Nerven.
Falls Du die Steekkanten dann zum Abschluss einklappst und befestigen willst, empfehle ich ebenfalls das Originagarn des Strickstücks (sofern nicht zu dick, s.o.), oder passendes dünneres (Näh-) Garn. Am besten einfach mal ausprobieren.
LG
Sandra
Hallo liebe Sandra,
ich habe den Saga Cardigan gestrickt und bin jetzt kurz vorm Steeken. Deine Anleitung hat mir schon mal sehr weitergeholfen 🙂 was sich mir aber so gar nicht erschließt ist, wo ich die Maschen für die Knopfleiste aufnehme??? Kannst du bitte Licht ins Dunkel bringen? Liebe Grüße aus Aachen, Tina Herzog
Liebe Tina,
fein,dass ich Dir schon helfen könnte!
Das mit der Knopfleiste ist eigentlich ganz einfach. Nach dem steekem hast du ja zwei offene Kanten, die entweder durch die Häkelnkante oder durch eine Zickzacknaht mit der Nähmaschine gesichert sind. Dies sind die beiden Kanten, an denen die Knopfleiste angestrickt wird.
Aus diesen Kanten nimmst du vom Saum zum Kragen (bzw bei der linken Kante vom Kragen zum Saum) die M für die Knopfleiste auf. Die offene Kanten verschwindet dann im den aufgenommenen Maschen, und die Kante wird schön sauber.
Lass mich gerne wissen, wenn Du noch weitere Fragen hast 😊
Viele Grüße
Sandra
Liebe FrauSonnenburg, das ist alles sehr erhellend und bestärkt mich, die Herausforderung mit dem Steeken auszuprobieren.
Ich möchte ein Westchen mit Fair-Isle-Muster stricken und habe dafür als Vorlage einen Pullunder mit V-Ausschnitt. Dass ich im Vorderteil Steekmaschen einplanen muss, ist mir klar. Meine Anleitung sieht vor, dass ich bei der Armöffnung das Muster fortsetzen soll.Sehen Sie darin einen Sinn? Ich finde Ihren Vorschlag, den Steek mit linken Maschen hervorzuheben, hilfreich.
Was aber aus keiner Anleitung hervorgeht, wie funktioniert das mit den schrägen Abnahmen am V-Ausschnitt?
Ich bedanke mich schon jetzt für Ihre Hilfe. Es ist schön, wenn man jemanden fragen kann, der sich auskennt.
Lieben Gruß, Ulrike
Liebe Frau Sonnenburg,
ich habe ine Hose gestrickt und ärgere mich jetzt datüber, dass ich keine Taschen eingeplant habe. Könnte ich die Tascheneingriffe einfach nachträglich durch steeken herstellen und die Sicherungskanten sichtbar als „Tascheneinfassung“ lassen? Liebe Grüße Stefan
Lieber Stefan,
prinzipiell könnte das klappen – allerdings hängt das Gelingen meiner Meinung nach von zwei Faktoren ab:
– vom verwendeten Garn (es darf nicht zu glitschig sein)
– und der Steek muss ganz exakt gearbeitet werden, damit an den Enden keine Maschen beschädigt werden, die man noch braucht.
Mein Tipp: Am besten aus Restgarn ein Probeläppchen stricken und ausprobieren.
Zwei andere Möglichkeiten wären
– nachträglich eingestrickte „Paspeltaschen“ mit der Technik der Bauernferse bzw „Afterthought Heel“ – diese hätten dann einen Eingriff von oben statt von der Seite
– oder aufgesetzte Taschenbeutel. Die funktionieren auf jeden Fall und können, je nach Design der Hose auch noch optisch viel hermachen.
Ich bin gespannt, wie Sie sich entscheiden!
Viele Grüße
Sandra
Hallo Frau Sonnenburg,
vielen Dank für die tolle Erklärung.
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird hier der Jacken-„Rumpf“ quasi als Pullover gestrickt und hinterher geöffnet. Die Ärmel werden am Ende angestrickt.
Wäre es möglich, bei einem RVO die Ärmel jeweils zwischen Vorder- und Hinterteil zu sticken, also sozusagen einen „ziemlich weiten Sack“, und dann die Ärmel auszuschneiden? Mit dieser Idee, dachte ich, kann ich eine Jacke/einen Pullover aus Farbverlaufsgarn machen, bei dem die Ärmel den gleichen Verlauf haben wir der Rumpf.
Was meinen Sie mit Ihrer Erfahrung: Geht das?
Liebe Grüße
Marada
Liebe Marada,
vielen Dank für Ihre Frage, ob man den Pullover-Rumpf als „weiten Sack“ incl. der Ärmelmaschen stricken könnte.
Ich habe das zwar noch nie ausprobiert, aber ich würde davon abraten, und zwar aus folgenden Gründen:
– Je nach Anleitung und Schnitt wird der Pullover (die spätere Jacke) durch Zu- oder Abnahmen in Form gebracht, also z. B. tailliert oder als A-Linie geformt.
– auch die Ärmel werden zumeist abgeschrägt.
Daraus ergibt sich ziemlich viel Rechnerei, bei der Fehler leicht passieren können.
Außerdem wird in Ihrem Gedankenmodell viel gesteekt:
– Vorne in der Mitte für die Öffnung zur Jacke
– vorne rechts und links für die Trennung der Ärmel von den Vorderteilen
– hinten rechts und links für die Trennung der Ärmel von den Rückteilen
Mit jedem Steek entstehen offene Maschen und damit Nähte, die zu schließen sind. Anders als bei der Jackenöffnung haben Ärmel und Seitenteile ja naturgemäß keine Öffnung. Diese Nähte so zu schließen, dass es schön aussieht, und dabei auch noch die gewünschte Formgebung von Körper und Ärmel zu erreichen halte ich für extrem anspruchsvoll.
Für Ihr Farbverlaufsgarn habe ich leider auch keine zündende Idee – außer vielleicht, daraus keinen Pullover oder Jacke zu stricken, sondern vielleicht eine große Stola oder einen Poncho?
Viele Grüße
Sandra Sonnenburg
Hallo Frau Sonneburg,
Ich möchte in einen fast fertigen Kapuzenschal hinten/oben an der Kapuze ein Zopfloch einarbeiten jetzt frage ich mich ob ich das da auch Steeken kann ? Und dann leicht einklappen, um ein Bindeband einzuarbeiten.
Danke für eine Hilfestellung
Nicole Kress
Liebe Nicole,
ein Knopfloch würde ich eher nicht steeken, sondern klassisch stricken.
Zum Steeken benötigt man ja einige Zwischenmaschen, die nach dem Schneiden den Steek sichern. Da würde meiner Meinung nach das Knopfloch viel zu groß werden.
Waagerecht entweder mit Abketten und neu anschlagen, oder aber mit einer Hilfsreihe, wie hier bei diesen Handschuhen:
https://frausonnenburg.de/winterfold-mittens-vegan-stricken/
Nach dem Auflösen der Hilfsreihe kann man die dann offen liegenden Maschen stabil abketten, das ist evtl bei einer Kapuze ganz sinnvoll.
Senkrecht würde ich es über mehrere Reihen in getrennten Reihen bis zur gewünschten Länge stricken.
Viele Grü0e
Sandra Sonnenburg