Meine persönlichen Fashionregeln
Bei den Ü30-Bloggern gibt es ein neues Monatsthema: „Deine persönlichen Fashion-Regeln“. Spannendes Thema, oder? Was sind eigentlich meine persönlichen Fashionregeln? Habe ich überhaupt welche?
Mode war immer schon mehr als nur Kleidung gegen Kälte, Nässe oder Sonne. Mittels der Kleidung signalisierte man seine persönliche wirtschaftliche Situation sowie die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht oder sozialen Gruppe. Ich denke dabei nicht nur an höfische Moden, wie z. B. bei Ludwig dem XIV. oder Elizabeth I, bei denen feinste Brokatstoffe, turmhohe Perücken oder ausladende Polster Reichtum, Extravaganz und die Zugehörigkeit zur herrschenden Klasse unterstrichen. Anfang des letzten Jahrhunderts gab es mit der Reformkleidung eine wahre Moderevolution, weg vom Korsett, hin zu bequemer, freier Kleidung. Mit dem New Look, dem Mini- und Hippie-Look und vielen weiteren Strömungen hatte das vergangene Jahrhundert so einige Styles in petto, an die sich verschiedene Gruppen anschlossen und die in abgeschwächter Form auch in den „normalen“ Kleidungsalltag einsickerten.
Fashionregeln – wer bist Du und woher kommst Du?
Kleidung war immer schon und ist auch heute noch ein Code. Uniformen mit Rangabzeichen oder auch Zunftkleidung wie z. B. die Kluft eines Zimmermanngesellen, den ich kürzlich auf seiner Walz traf, sind dafür gute Beispiele. Wer die Codes kennt, kann sein Gegenüber unzweifelhaft einordnen und sich entsprechend verhalten. Kleidungscodes führen so zu Verhaltensregeln und neuen Codes. Quasi ein in Textil umgesetztes „Das bin ich, und daher komme ich“.
Aus meiner Schulzeit erinnere ich mich noch an abgerockte Punks mit Flanellhemden, zerissenen Hosen und Doc Martens-Stiefeln, an Grufties (die fand ich zwar ein bisschen gruselig, aber die hatten echt Stil!) und die Popper mit Föhnfrisur und Benetton-Pullovern in Pastellfarben. Auch hier ging es um Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe in Abgrenzung zu einer anderen.
Ich bin Mitglied im Prüfungsausschuss Fremdsprachen der IHK Lübeck, und saß kürzlich in dieser Rolle als Prüferin bei einer mündlichen Englischprüfung. Fünf Kandidatinnen waren dabei – und sie alle sahen uniform aus. Knapp 20jährig, langhaarig, Mittelscheitel, Jeans, Sneaker und Parka mit Pelzkragenkapuze. Offenbar ist das die Uniform dieser Peer-Group. Schade, dass es scheinbar keine Lust auf Individualität gibt – oder dass das Bedürfnis, zu einer Gruppe dazu zu gehören, offenbar stärker ist als der Wunsch nach Einzigartigkeit. Diesen jungen Frauen wünsche ich sehr, dass sie ihren Stil noch finden.
Fashionregeln heute
Jede Bewegung und jede Zeit hat und hatte ihre Ikonen. Sei es Coco Chanel mit dem revolutionären Kleinen Schwarzen, Madonna, die sich auch heute noch immer wieder neu erfindet, Lady Di mit ihrem sicheren Stil, Marlene Dietrich mit ihren skandalösen Anzughosen oder oder oder.
Heute sind es wohl eher Herzogin Kate, Kim Kardashian, Rihanna oder andere „It-Girls“, die Trends setzen – die allerdings immer kurzlebiger werden und durch neue ersetzt werden.
Ich finde, dass es im Vergleich zu früher nicht mehr so viele Kleidungsvorschriften gibt. Corona hat da einiges auf den Prüfstand gestellt. In bestimmten Kreisen oder zu bestimmten Anlässen schmeißt man sich natürlich in Schale, und wahrscheinlich kennt auch jede von uns das Gefühl, total over- oder underdressed zu sein. Im ganz normalen Alltag scheinen mir aber Vorschriften verschwunden und durch Vorlieben – wie z. B. Sneaker – ersetzt worden zu sein.
Ich erinnere mich an die Taufe meiner Stiefschwester, da muss ich so ca 14 Jahre gewesen sein. Ich hatte mir vom Taschengeld einen – wie ich fand megatollen – schwarzen Minirock aus Sweatstoff gekauft und dazu einen schwarzen Jeansbolero. Dies wollte ich zusammen mit einem roten Rolli und passend roten Strumpfhosen zur Taufe anziehen und fand mich damit todschick (war ich auch, ehrlich). Allerdings gab es heftigste Auseinandersetzungen mit den Glaubenssätzen meiner Mutter, die mich in einen langen weißen Rock stecken wollte, der mein Outfit natürlich total zerschossen hätte. Denn – Minirock zur Taufe? Und auch noch in schwarz? Geht gar nicht!
Schlussendlich habe ich mich in dem Disput durchgesetzt, Regeln und Vorschriften waren schon damals nicht so meins, aber ich glaube, das war mein erster Clash mit der Umwelt in Sachen Fashionregeln.
Diese Bockigkeit habe ich mir seither erhalten. Zwar fand ich die immer toll gestylten Mitschülerinnen anbetungswürdig – aber da ich nie über deren Bekleidungsbudget verfügte, verlegte ich mich auf meinen eigenen Weg. Trug Puma, wo alle Adidas trugen. Hatte so ein Windeltuch mit Goldfäden, während alle anderen welche mit Silberfäden hatten. Hatte einen heißgeliebten roten Wollmantel inmitten der beige-camel-grauen Mäntel meiner Mitschülerinnen. Und im großen und ganzen war es mir auch recht wurscht, ob ich zu diesen elfengleichen Wesen dazugehörte. Mein Freundeskreis war außerhalb der Schule und um einiges älter mit anderen Prioritäten.
Was ich sagen will ist: Fashionregeln im Sinne eines Dresscodes können Einigkeit und Sicherheit schaffen, aber auch ausschießen.
Was sind nun aber meine persönlichen Fashionregeln?
Sechs Regeln habe ich für mich aufgesetzt – hier kommen sie:
- Warm angezogen geht vor durchgestyltem Outfit. Im Winter muss es mir warm sein, da ist immer eine Jacke und ein Halstuch in Reichweite, und notfalls passt es nicht zu 100% zum Rest. Auch ein Langarmshirt untendrunter ist im Winter Pflicht. Wenn es mal hervorblitzt – dann blitzt es eben.
- Farbe macht stark! Bei mir darf es ruhig knallig zugehen. Ich liebe pink, sonnengelb, rot und kombiniere diese Farben gern mit blau, schwarz oder weiß. Zu Beginn meiner Nähkarriere habe ich mich auf drei Farben konzentriert: Blau, weiß und rot. Das war zwar klasse, weil sich die einzelnen Teile super einfach miteinander kombinieren ließen und die Kleidungsfrage am Morgen sehr einfach zu lösen war. Doch mit der Zeit wurde es mir zu eintönig, und ab dann wurde es richtig bunt in meinem Kleiderschrank. Und ich habe für mich herausgefunden, dass ein auffälliges Kleidungsstück, mit Überzeugung getragen, stark macht und gute Laune bringt. Die wiederum das Selbstwertgefühl steigen lässt.
- Es muss bequem sein. Kneifende, zu kurze, zu enge oder anderweitig nicht passende Kleidung fliegt raus aus dem Kleiderschrank. Das bedeutet nicht, dass ich ständig im Schlunzlook herumlaufe. Seit ich jedoch meine Kleidung weitgehend selber nähe, habe ich ein ziemlich gutes Gefühl für Passformen entwickelt. Und über die Jahre auch ein recht gutes Gefühl dafür, welche Formen mir besser stehen als andere. Bequem und trotzdem gut gekleidet sein ist bei mir kein Widerspruch.
- Niemals ohne BH! Es gibt ja gerade in den Social Media wieder Threads darüber, ob es ok ist, untendrunter ohne zu gehen. Meine Haltung dazu: Klar ist das ok. Aber es ist auch ok, BH zu tragen. Soll jede tun, wie sie will, aber für mich gilt – immer nur mit. Ohne fühle ich mich unwohl und einfach nicht komplett angezogen. Dabei achte ich auf möglichst unauffälige Modelle, sprich farblich passend, nicht durchscheinend und möglichst ohne rutschende oder blitzende Träger.
- Kniebedeckt! Trotz der oben genannten Geschichte mit dem Minirock bin ich inzwischen keine Anhängerin mehr von Shorts und Mini. Midi bis Maxi ist meine Länge, denn ich mag meine Knie nicht gerne. Also werden sie versteckt und die Rock- und Hosensäume gehen mindestens übers Knie.
- Sneaker? Unbedingt! Ich finde den Post-Corona-Trend zu bequemem Schuhwerk absolut begrüßenswert. Und ich finde Sneaker durchaus auch passend zu Röcken und Kleidern. Über die Jahre habe ich eine ansehnliche Sammlung an Turnschuhen angehäuft, die ich sehr liebe und rauf und runter trage. Natürlich in verschiedenen Farben, so dass für jedes Outfit das passende Paar vorhanden ist.
Im Prinzip kann man die Punkte auch knapp zusammenfassen: Modetrends sind mir schnuppe. Vielleicht, weil ich inzwischen in einem Alter bin, in denen man vieles schon mindestens zweimal als Trend erlebt hat. Wichtig ist, dass ich mich in meiner textilen Haut wohlfühle.
Wie ist das bei Dir? Hast Du Fashion-Regeln für Dich aufgestellt?
Auch verlinkt zu Samstagsplausch – Ein kleiner Blog
Ach die Moderegeln von früher, vieles ist wohl überholt. Am besten, man kleidet sich so, wie man sich wohlfühlt. Es muss ja nicht jeder/m gefallen.
Der gelbe Parka sieht gut aus.
Alles Liebe
Violetta
Hallo „Frau Sonnenburg“, schön, dass Du Dich an unserer Blogparade beteiligt hast.
Schade, dass ich erst so spät wieder geschaut habe, ob noch ein paar Nachzügler einen Beitrag veröffentlicht haben.
Ich freue mich, dass Du Dich von dem Thema angesprochen fühlst.
Ich bin 69 geboren. Vermutlich ähnlich Dir, zumindest kann ich das Deinen Zeilen entnehmen. Und ja. Ich habe in meiner Gymmi Zeit viel ausprobiert. Auch modisch und vor allem musikalisch. War außerhalb der Schule mit „älteren“ zusammen. Und ja, auch ich fand es toll, dass man damals viel mehr Wert auf Individualität und „anderes, coolers“ Aussehen gelegt hat. Das hat sich nicht geändert bei mir. Und Turnschuhe trage ich wie Jeans und Lederjacke schon seit 40 Jahren re gel mä ßig.
Vielleicht ist das aktuelle Blogparadenthema ja auch wieder was für Dich?
1 Teil, 3 Looks?
BG Sunny