Regional stricken: Paulas Wolle
Machst Du Dir manchmal Gedanken darüber, woher die Wolle kommt, die Du gerade verstrickst? In den vergangenen Jahren wird das Thema für mich immer wichtiger. Inzwischen gibt es auch aus deutschland tolle Wollsorten, die nichts mehr gemein haben mit dem kratzigen, filzigen Etwas, das man bisher unter dem Begriff „deutsche Wolle“ vertand.
Paulas Wolle von der Schwäbischen Alb
Ende letzten Jahres war es endlich so weit: Die zweite Auflage von Paulas Wolle ging endlich an den Start. Paulas Wolle stammt aus den Vliesen einer Schafherde von Merino-Landschafen, die auf der Schwäbischen Alb Landschaftspflege betreiben. Damit leisten die Schafe einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des lokalen Biotops, sorgen für eine gepflegte Wachholderheide und tragen ganz nebenbei zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
Auf Instagram konnte man den Weg der Wolle verfolgen, von der Schur über die Wäscherei (in Deutschland gibt es keine Wäschereien mehr, so wird sie in Belgien, Polen oder Österreich gewaschen) und die Spinnerei bis hin zur Färberei und schließlich den Einzug in den Online-Shop. Paulas Wolle ist also ein sehr nachhaltig hergestelltes lokales Produkt. Da ich ja auch viele Garne von Mährlewolle verstrickt habe, habe ich Wolle aus Deutschland richtig schätzen gelernt. Denn es gibt da inzwischen echt tolle Qualitäten, die nicht oder wenig kratzig sind, super wärmen und halt nachhaltig und tierschonend hergestellt werden. Insgesamt eine tolle Sache.
Die erste Auflage von Paulas Wole fand ich schon super in puncto Haptik und Verarebeitung. Der Birchknob Cardigan ist daraus entstanden und wird an kalten Wintertagen sehr gern getragen. Die zweite Auflage ist etwas dünner (300 m / 100 g) und ist in vielen tollen Farben erhältlich. Von der Anfassqualität unterscheidet sie sich nicht von der Vorgängerin, aber die längere Lauflänge fand ich interessant. Der Birchknob aus der dickeren Version ist nämlich schon mächtig warm und dick, daher findet sich nicht so oft Gelgenheit ihn zu tragen.
Diese dünnere Version passte von der angegebenen Maschenprobe so ungefähr zum Festa Cardigan, den ich schon so lange stricken wollte. So nahm ich mir das Projekt endlich vor und bestellte 8 Sträge in Farbe 13 – jeansblau.
Von der Farbe war ich zunächst etwas enttäuscht, denn das Blau hat einen ziemlichen Graustich. Kurz hatte ich überlegt, sie mit Säurefarben nachzufärben. Erst einmal wollte ich anstricken, und gegebenenfalls dann den fertigen Cardi nachfärben. Sehr gefreut habe ich mich aber über die beigelegten Zugaben: Eine wunderschön gedruckte Karte mit einer Distel, und „Waschzettel“ und Lederlabel für das fertige Strickstück.
Wickeln – Maschenprobe – und los geht der Spaß!
Wie strickt sich Paulas Wolle?
Das Stricken mit dem Garn ist einfach eine Freude, finde ich. Der Faden ist recht fest verzwirnt, so erhält das Gestrick einen gewissen Stand. Die Wolle fasst sich füllig an und griffig und irgendwie „trocken“, ist aber überhaupt nicht sperrig oder struppig. Auch enthält sie keinerlei Verunreinigungen wie Stroh oder Heufäden – ein wirklich tolles Produkt!
Gestrickt habe ich mit Nadeln 3.25 mm schön in meiner Komfortzone. Es ergibt sich ein gleichmäßiges Maschenbild, bei dem auch Strukturmuster sehr gut herauskommen. Bonus: Nach dem Entspannungsbad flauscht das Ganze noch etwas auf.
Perfekte Ausgangsbedingungen für den Cardigan. Dieser hat nämlich einen Haufen Besonderheiten: neben Doppelrippen gibt es auch diverse „Nähte“ in Form von Vikkel Braids – Quer gestrickte Maschenzöpfchen. Diese habe ich letztes Jahr schon mal bei den Unni Socks gestrickt, sie ergeben einen tollen Effekt. Hier kommen die Qualitäten von Paulas Wolle perfekt zur Geltung:
Dass Paulas Wolle schön wärmt, merkt man, wenn man so ein großes Projekt wie den Festa Cardigan strickt. Man hat mit der Zeit einen ordentlichen Haufen Wolle auf dem Schoß und spart sich so die Sofadecke.
Fertig sieht mein Festa Cardigan nun so aus:
Auf den Fotos ist gut zu sehen, dass die Strukturmustern (also die Rippen, die Zugmaschen und die Vikkel Braids) sehr schön herauskommen, und das Gestrick – trotz der Griffigkeit der Wolle – sehr schön fällt.
Für den Cardi habe ich knapp 6 Stränge – 571 g. Neben all den anderen oben genannten Vorzügen ist Paulas Wolle auch noch super ergiebig.
Mein Fazit zu Paulas Wolle
Ist es nicht toll, was man aus deutscher Wolle zaubern kann? Ich finde es wirklich klasse, dass unsere regionale Wolle mehr und mehr Aufmerksamkeit bekommt und sich in ihrer ganzen Vielfalt präsentieren kann. Paulas Wolle ist deshalb besonders, weil sie verzwirnt ist: Das bedeutet, die einzelnen Fäden müssen sehr fein versponnen werden, damit der fertige Faden nicht baumstammdick wird. Das die feine Zwirnung möglich ist, spricht für die Qualität der Vliese.
Abgesehen von der tollen Qualität finde ich es auch toll, mit meinem Hobby einen Beitrag zum Erhalt der Wanderschäferei leisten zu können. Wie schon eingangs beschrieben, ist es mit der Schäferei wie mit allen kleinen Betrieben der Landwirtschaft: Sie knapsen sich so durch. Der Beitrag, den Schäfer und Schafe für Landschaftspflege (dazu gehört zum Beispiel auch die Verdichtung von Deichen durch intensive Beweidung oder die Pflege der beliebten Lüneburger Heide) ist vielen nicht bekannt, und leider sieht man immer weniger Schäfer mit ihren Schafen durch die Lande ziehen, weil viele Schäfer aus Nachwuchsmangel, überbordender Bürokratie, mangelnder Weideflächen oder allem zusammen aufgeben. Immerhin gewinnt die Wolle, die vielfach immer noch einfach weggeworfen wird, inzwischen an Beliebtheit. Der Aufwand, der betrieben wird, um aus dem Schaf ein Garnknäuel zu machen, wird durch ein Projekt wie Paulas Wolle erst so richtig transparent und verdient es absolut, gewürdigt zu werden.
Deshalb empfehle ich Paulas Wolle uneingeschränkt für
.. alle Projekte, die eine gewisse Struktur benötigen, wie z. B. Pullover oder Strickjacken
… alles, was schön wärmen soll, wie z. B. Mützen, Handschuhe oder Stulpen
Schals oder Cowls würde ich vielleicht nicht unbedingt aus Paulas Wolle stricken, am Hals bin ich sehr empflindlich. Den Kragen von Festa kann ich im Nacken sehr gut vertragen – für einen Rollkragenpullover wäre mir das Garn vielleicht doch zu rustikal.
Was ist Deine Meinung zu regionaler Wolle? Hast Du sie schon mal getestet?
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Hallo liebe Sandra,
vielen Dank für die ausführliche uns sehr detaillierte Einschätzung des Garns!
Ich habe hier noch Paulas Wolle der ersten Generation im Stash und kann dir nur zustimmen! Ich hatte übrigens das Gefühl, als ob das Gestrick durch das Entspannungsbad samtig wird in der Haptik (aber am Hals mag ich es trotzdem nicht *mimimi* )
Übrigens – das Bild von Cardi ist vom www verschluckt – findest du es wieder?
LG Grit
Liebe Grit,
nein, am Hals, zumindest vorn, würde ich sie auch nicht tragen wollen. Bei den beiden Cardis (auch bei dem aus der ersten Auflage) mag ich sie im Nacken aber sehr gerne leiden, weil sie so schön warm hält.
Beim fehlenden Bild hat mich die WordPress-Datenbank übertölpelt – jetzt ist es wieder da.
Viele Grüße
Sandra
Liebe Sandra,
dein Cardigan ist dir gut gelungen und ich danke für den tollen und ausführlichen Bericht und deine Einschätzung der Wolle. Das ist ja auch nicht uninteressant für die Leser:Innen.
Liebe Grüße Catrin.
Wow, was für eine schöne Farbe bei der Wolle. Mag ich gern.
Kleidung stricke ich nicht. Nicht das ich es nicht mag. Ich kann es einfach nicht.
LG, Elke von einfachelke.de