Fibre Mood Josephine – Patternhack
Auch wenn das Wetter zur Zeit Kapriolen spielt und wir hier im Norden wettertechnisch seit Wochen schon April haben, will ich meine Nähprojekte nun auf den Frühling ausrichten. Das erste ist Josephine von Fibre Mood. Und ich sag es gleich: Das war ein echt hartes Projekt!
Der Schnitt zum Stoff
Seit dem Spätsommer liegt eine wunderschöne Viskose in Blau, Ocker, Cremeweiß und Schwarz in meinem Stash, die ich zusammen mit dem Stoff für dieses Kleid hier bei Pepelinchen gekauft hatte. Eigentlich sollte wegen der herbstlichen Farben ein Herbstkleid daraus werden.
Fehlende Näh-Motivation und die Frage, ob der dünne Stoff sich bei kühleren Temperaturen so gut machen würde, haben dieses Projekt bisher verhindert.
Der Schnitt zum Stoff
Der Stoff ist also schon ein bisschen abgelagert. Eigentlich hatte ich vor, ein zweites Duplantier Dress zu nähen und dabei die vorderen Schnittteile auf die Länge des Rückenteils zu verlängern. Dazu fehlte mir dann aber die rechte Traute, und so schaute ich hin und her, was sonst so an Schnittmustern in Frage kommen könnte für ein herbsttaugliches Kleid. Ein Schnitt mit langen Ärmeln sollte es natürlich sein, nicht zu tief ausgeschnitten und so locker, dass man noch eine wärmende Lage drunter ziehen kann. Überlegungen, die sich aus verschiedensten Gründen über den Jahreswechsel hinzogen, aber ja auch für Frühlingskleider noch durchaus Sinn ergeben.
Bei Heibchenweise war mir dann die Josephine aufgefallen. Der Schnitt gefiel mir mit seinen breiten Manschetten, dem weit schwingenden Rock und der schönen Ausschnittlösung:
Also, Schnitt gekauft, geplottet und im Februar noch zugeschnitten in der irrigen Annahme, coronakrank mal eben ein Kleid nähen zu können. Ihr ahnt es – klappte nicht.
Josephine – kein Projekt für einen Tag
Ein Nähtreff bei KaPe Anlumi machte mir dann Beine, und ich nahm das Projekt endlich in Angriff.
Und gleich vor der ersten Naht kamen Fragezeichen hoch: Vorder- und Rückenteil sind separat zugeschnitten und werden zusammengenäht „bis zum Heftfaden“. Ähm… Welcher Heftfaden? Es gab natürlich auf den Schnittteilen entsprechende Markierungen, doch diese tatsächlich in Form eines Heftfadens vorzunehmen… hätte ich mir in der Anleitung zu Lesen gewünscht. Fun Fact: Auch die Ausschnittkanten hätten mit Einlage versehen werden sollen. Das habe ich erst viel später in der A4-Datei zum Selbstausdrucken entdeckt.
Naja. Also Nahtstellen markiert, Teile zusammengenäht. Ärmel dran… läuft!
Dachte ich.
Denn das nächste Problem folgte auf dem Fuße: Der Halsausschnitt wird mit Schrägband eingefasst, dabei entsteht das hübsche Dreieck vorn am Ausschnitt. Und nein – ich habe es nicht hingekriegt. Denn genau an der kritischen Stelle vorne in der Mitte trafen nie die beiden Kanten des Bandes aufeinander – es sah einfach usselig aus ☹
Dreimal aufgetrennt, war das Schrägband aus dem Viskosestoff denn auch nicht mehr zu gebrauchen. Plan B sah vor, einen Beleg zu konstruieren und den V-Ausschnitt mit einer Schluppe zu schließen. Dieser Plan ging auf und sieht hübsch und sauber aus.
Beim Annähnen des Belegs habe ich den rückwärtigen Schlitz verschlossen. Vorne Schluppe und hinten Hakenverschluss war mir dann doch zu viel.
Mutig ging ich ans Schließen der Seitennähte, und das nächste Problem bahnte sich an.
Eine Serie von Pannen
Wie jetzt? Ein Reißverschluss soll eingenäht werden? Das musste ich auf der Zutatenliste komplett ignoriert haben. Es ist auch ein bisschen verwirrend: Josephine gibt es in zwei Versionen, eine mit angesetztem Rockteil und Reißverschluss. In der zweiten Version wird einfach das Oberteil bis zur gewünschten Rocklänge verlängert: Ohne Reißverschluss. Da bin ich offenbar durcheinander gekommen… Die liebe Petra half mir netterweise aus, glücklicherweise fand ich aber auch im Fundus zu Hause einen nahtverdeckten in halbwegs passender Farbe.
Also, Abenteuer Reißverschluss – was soll ich sagen: Beim ersten Versuch produzierte ich einen Möbius. Wie kann man es bloß schaffen, beim Annähen der beiden RV-Teile das Nähstück einmal komplett in sich zu verdrehen? Jedenfalls war der Reißverschluss im 5. Anlauf endlich an Ort und Stelle und nahezu perfekt unsichtbar eingenäht. Dass die Taillennähte nicht so perfekt aufeinanderpassen, übersehe ich großzügig.
So weit, so schön. Josephine sah schon ganz schön nach Kleid aus!
Doch ihr ahnt es vielleicht: Das nächste Ungemach nahte. Nämlich die Manschetten. Die ich so schön fand, und für die ich 8 wunderbare Perlknöpfe in genau passendem Blau aufgetrieben hatte!
Keine Ahnung, wieso: aber die Ärmel gerieten viel zu eng. Josephine wäre so nur mit offenen Manschetten tragbar gewesen. Oder mit extrem hochgezogenen Schultern – beides keine Option. Was mich aber zusätzlich wunderte war, dass die Ärmel so kurz ausfielen: etwa Dreiviertellänge. Auf dem Modellfoto sah es nach Langarmkleid aus – und beim Anhalten des Schnittteils vor dem Zuschnitt schien mir der Ärmel eher zu lang… Naja.
Trennversuche scheiterten am empfindlichen Stoff, wobei ich ohnehin nicht mehr genügend Reste für den Zuschnitt neuer Manschetten gehabt hätte. Also griff ich beherzt zur Schere und kappte die Manschetten (schnitt dabei auch noch einen Zacken in den Stoff… dieses Kleid hatte echt kein gutes Karma). Wofür der Stoff jedoch noch reichte: Schluppenverschlüsse an den (nun noch gut halblangen) Ärmeln. Die Ärmelschlitze hatte ich entsprechend verlängert (und noch mal neu versäubert) – voilá, Problem hübsch gelöst.
Blieb nur noch die Bestimmung der Rocklänge. Da ich nicht so groß bin, habe ich insgesamt 10 cm gekürzt und den Saum 2 x 2 cm eingeschlagen.
Josephine (Fibre Mood) – Patternhack: am Ende wird alles gut
Und so ist sie nun fertig und schön, meine gehackte Josephine.
Sie hat auch den vorgesehenen Gürtel bekommen, den ich mit Bügelleinen schön stabil verstärkt habe. Dass ich der Gürtellänge 8 cm geklaut habe, um daraus die Versäuberungsstreifen für die Ärmelschlitze zuzuschneiden, merkt man gar nicht… Allerdings überlege ich, den Gürtel mit ein paar Stichen hinten oder seitlich zu fixieren.
Und ich muss doch sagen: Nach diesem Kampf bin ich stolz wie Bolle, dass ich dieses Kleid so schön gerettet habe! Meine Lieblingstante wird demnächst 70, und zu dem Anlass wird mich die gehackte Josephine wunderbar kleiden.
Was meint ihr?
Ein paar Worte zur Anleitung
Wie schon oben geschrieben, ist die Anleitung in einigen Punkten nicht optimal. Es fehlen im Anleitungstext z. B. komplett die Infos, dass Einlage verwendet werden soll. Die entdeckt man dann entweder auf der Teileübersicht auf dem Plott-Bogen, oder schattiert in der Anleitung, wenn die betreffenden Teile vernäht werden.
Auch die Markierungen mit Heftfäden sind zwar auf den Schnitteilen zu sehen, allerdings würde ich erwarten, dass dies auch im Text (z. B. in einem Abschnitt „Vorbereitungen“) Erwähnung findet.
Gar nicht zurecht kam ich mit der Erklärung, wie das Schrägband an den Ausschnitt genäht wird. Da die Originalversion einen rückwärtigen Verschluss vorsieht, muss das Schrägband an den Enden ganz sauber verarbeitet werden. Mir ist das wie gesagt nicht gelungen, aber möglicherweise habe ich auch vergessen, Einlage aufzubügeln?
Ansonsten ist die Anleitung gut illustriert und bis auf die oben erwähnten Punkte auch gut nachvollziehbar. Ich würde sogar eine zweite Josephine in Betracht ziehen. Ohne Reißverschluss, mit Nahttaschen, verlängerten Ärmeln und Manschetten. Mal sehen, wann dieser Plan zur Umsetzung kommt…
Einstweilen schaue ich beim MeMadeMittwoch vorbei – vielleicht gibt es dort auch schon Frühlingskleiderinspirationen?
Auch verlinkt zu Handmade Monday – Ein kleiner Blog – Creativsalat – Lieblingsstücke